Rum Herstellung
Was das genau bedeutet und wie die jeweiligen Verfahren den Geschmack beeinflussen erfahrt ihr auf dieser Seite.
Rohstoffe
Zuckerrohr
Zuckerrohr wächst in tropischem Kilma am besten, was auch den Anbau in Ländern mit entsprechend warmem Klima erklärt. Je nach verwendeter Art kann nach 9-24 Monaten Wachstumszeit geerntet werden. Mittlerweile gibt es Zuckerrohrerntemaschinen, da Zuckerrohr allerdings oft an Hügeln angebaut wird um Staunässe zu vermeiden, erfolgt die Ernte auch heute noch meist per Hand. Dabei wird die Pflanze direkt über dem Boden abgeschnitten. Die Blätter beinhalten keinen Zucker und werden deswegen direkt entfernt. Die stehen gebliebenen Halmstümpfe schlagen wieder aus und können nach ca. 12 Monaten erneut geerntet werden.
Auf diese Weise kann eine Pflanze bis zu 8x geerntet werden. Realisitisch sind aber eher 2x (Indien) – 5x (Brasilien).
Beide Länder verbindet man nicht unbedingt mit Rum. Die Karibikinseln, welche Zuckerrohr hauptsächlich zur Rum Herstellung anbauen, sind weit abgeschlagen bei der Produktionsmenge. Das ist aufgrund ihrer Fläche aber auch kaum verwunderlich.
Zuckerrohrsaft
Melasse
Melasse enthält neben etwa 60% Zucker noch organische Säuren, Betain, Vitamine und etwa drei Prozent anorganische Salze. Der enthaltene Zucker kann aber nicht mehr weiter kristallisiert werden, weshalb Melasse für die weitere Zuckerproduktion ungeeignet ist. Rum aus Melasse wird auch als Rhum Industriel, oder, weil Melasse der ursprüngliche Rohstoff war, als Rhum Traditionnel bezeichnet. Ob Zuckerrohrsaft oder Melasse verwendet wird, hat neben der Zuckerrohrsorte ebenfalls Einfluss auf den Geschmack.
Gärung / Fermentation
Unabhängig von der verwendeten Methode und Dauer, sollte die Maische am Ende des Gärungsprozesses einen ungefähren Alkoholgehalt von 6-10% haben, damit sie bereit für die Destillation ist.
Destillation
Zucker gehört übrigens nicht zu den verdampfbaren Stoffen und geht somit nicht ins Destillat über. Auch wenn also der Name Zuckerrohrschnaps und der hohe Zuckergehalt der Maische etwas anderes vermuten lassen, ist Rum nach der Destillation nicht süß. Die Süße kommt aus der Fasslagerung oder ggf. künstlich zugeführter Süße.
Bei der Destillation von Rum und anderen Spirituosen unterscheidet man zwischen kontinuierlicher Destillation im sogenannten “column still” und diskontinuierlicher Destillation im “pot still“. Die verwendete Destillationsart hat ebenfalls wieder einen entscheidenden Einfluss auf den Geschmack vom Rum.
Der zweite Durchlauf unterscheidet sich allerdings vom Ersten, denn hier kommt es auf genaue Temperaturkontrolle an. Beim Brennen entstehen zu unterschiedlicher Zeit, unterschiedliche Gemische mit verschiedenen Zusammensetzungen. Das ist auf die unterschiedlichen Siedepunkte der in der Maische enthaltenen Alkohole und den anderen leicht flüchtigen Stoffen zurückzuführen. So hat beispielsweise das unerwünschte Methanol einen sehr niedrigen Siedepunkt, wohingegen die ebenfalls unerwünschten sogenannten Fuselöle, welche im Verdacht stehen Kopfschmerzen zu verursachen, einen sehr hohen Siedepunkt haben. Nachfolgend einige relevante Stoffe mit ihren Siedepunkten:
Ethanol |
78,3° C |
Methanol |
68,0° C |
Höhere Alkohole (Fuselöle) |
115,0-120,0° C |
Acetaldehyd |
68,0° C |
Essigsäureethylester |
77,1° C |
Essigsäure |
117,9° C |
Wasser |
100° C |
Die Vorlaufkomponenten bestehen aus den Stoffen, welche bei niedriger Temperatur verdampfen und beinhalten:
Aldehyde, Essigsäureethylester, Methylalkohol (Methanol), Fettsäuren. Diese haben einen niedrigen Siedepunkt und verdampfen somit gleich zu Beginn.
Mittellaufkomponenten:
Idealerweise Ethanol und zahlreiche gewünschte Aromen und Bukettstoffe.
Nachlaufkomponenten:
Höhere Alkohole wie Propanol, Butanol (Fuselöle) und Essigsäure. Diese haben einen höheren Siedepunkt und verdampfen somit erst im späteren Brennverlauf.
Der Brennmeister (Master Distiller) überwacht den Brennvorgang und sorgt durch langsames Erhitzen und Temperaturkontrolle für eine möglichst perfekte Trennung der Komponenten. Genau das ist auch der Großteil der Kunst, die das Brennen ausmacht und gleichzeitig viel Erfahrung benötigt.
Nach dem spirit still liegt der Alkoholgehalt des Rums dann bei circa 70% oder mehr. Wird statt eines Brennkessels ein Brennkolben verwendet, welcher eine leicht andere Form und Funktionsweise hat, hat das Enddestillat einen noch höheren Alkoholgehalt von bis zu 85%.
Pot still
Die pot still Destillation entspricht sonst aber grundsätzlich einer klassischen Destillation. So gibt es auch beim pot still die 3 Elemente Brennkessel, „Schwanenhals“ als Überleitung in den Kondensator und eben jenen Kondensator (Auffangbehälter) um den Dampf wieder zu verflüssigen. Der Brennkessel ist auch heute noch klassisch aus Kupfer. Zwar ist Kupfer weder besonders günstig, noch korrosionsfest, aber dafür eines der wenigen Metalle, welches den Geschmack des Destillats nicht beeinflusst. Alle Versuche mit geeigneteren Metallen sind genau deswegen nämlich gescheitert. Deshalb werden auch heute noch ganz traditionell Brennkessel aus Kupfer verwendet.
Pot stills aus Kupfer in der Glendronach Destillerie
Zunächst einmal muss man sagen, dass aufgrund der Nachteile heute nur noch wenige Destillieren nach dem pot still Verfahren arbeiten. Besonders wenn man große Mengen Rum herstellen möchte ist die diskontinuierliche Destillation denkbar ungünstig. Das komplette Reinigen aller Komponenten vor dem Austausch der Maische und das durch die Größe des Kessels limitierte Produktionsvolumen pro Durchgang, sind für große Produktionsmengen nicht rentabel. Das Verfahren hat aber auch Vorteile, denn pot still Rum gilt als aromareicher und hochwertiger als column still Rum. Er gilt insgesamt als schwerer und wird gerade deswegen oft als Hauptkomponente in einem Blend verwendet.
Das pot still Verfahren verwenden also nahezu ausschließlich kleinere Destillerien wie Mount Gay, Duncan Taylor oder Appleton. Bei größeren Destillerien wie Plantation oder Rum Nation gibt es aber ab und zu auch limitierte Sondereditionen als pot still Single Barrel Abfüllungen.
Column still
Nach dem kurzen Ausflug in die Geschichte, kommen wir nun zum Wesentlichen. Was unterscheidet den coffey still denn nun vom pot still?
Das Rohr auf dem Weg nach oben, führt im Rectifier vorbei an der fermentierten Maische. Diese wird von oben über eine Öffnung in den Rectifier geleitet um den Dampf im Rectifier abzukühlen. Dieser erhitzt im Gegenzug auch gleichzeitig schon die Maische. Unten angekommen wird die Maische weiter in den oberen Teil des Analyzers geleitet, wo sie dann nach unten sickert und auf dem Weg mehrfach erneut destilliert wird. Der unverwertbare Rückstand der Maische kann über einen Auslass am Boden des Analyzers abgelassen werden.
In der 2. Säule wird dann oben das fertige Destillat entnommen. Da es auf dem Weg nach oben von der Maische wieder ein wenig runtergekühlt wird, schaffen es nur die bei niedriger Temperatur flüchtigen Stoffe bis dahin. Fuselöle und dergleichen wird man im Destillat also kaum finden. Das fertige Destillat hat hat auf diese Weise einen Alkoholgehalt von bis zu 96% und damit deutlich mehr als beim pot still.
A. Analyzer
B. Rectifier
1. Wash (fermentierte Maische)
2. Dampf
3. Auslass für den unverwertbaren Teil der Maische
4. Alkoholdampf
5. Wiederverwertete wenig flüchtige Stoffe
6. Stark flüchtige Stoffe
7. Kondensator
Veredelung
Single Barrel / Cask
Auf der Website kann man dann nachlesen, dass der Rum ein Blend aus bis zu 20 Jahre gelagerten Rums ist. Blend und Single Barrel passt für mich nur Zusammen wenn es sich um eine Lagerung im Solera System handelt. Denn im Solera System werden die Rums ja bereits im Fass vermischt. Dieser Rum muss also meiner Ansicht nach ein Solera Rum sein.
Rein von der Wortbedeutung “Single Barrel” also einzelnes Fass ist die Angabe zwar schon korrekt, entspricht jedoch nicht wirklich dem Gedanken einer Single Barrel Abfüllung. Da erwartet man nämlich eigentlich kein Gemisch, sondern einen einzigen Rum, der in ein Fass gefüllt wurde und unverändert nach X Jahren Reifezeit abgefüllt wurde.
Blend
Solera Verfahren
Sehen wir uns zunächst einmal an wie so eine Solera aufgebaut ist und nach welchem System der Rum dort gemischt wird.
Die Fässer werden in mehreren Reihen übereinander gestapelt und nur aus der untersten Fassreihe wird Rum zur Abfüllung entnommen. Dabei wird aber nicht das komplette Fass geleert, sondern nur ein Teil. Der entnommene Teil wird dann mit dem etwas jüngeren Rum der Fassreihe darüber aufgefüllt und diese Reihe wird wiederrum mit der Reihe darüber aufgefüllt, bis man bei der obersten Fassreihe angekommen ist. Hier wird der fehlende Teil dann mit frisch destilliertem Rum aufgefüllt.
Alle Reihen über der Untersten werden in diesem System “Criaderas” (vom spanischen Wort criadero = Zucht) genannt und nur die unterste Reihe mit dem ältesten Destillat heißt “Solera”(= am Boden liegend). Die oberste Reihe beinhaltet somit anfangs nur Rum, welcher 0 Jahre gereift ist.
Wie viel Anteil von welchem Jahrgang am Ende genau im fertigen Rum ist, lässt sich dadurch nach einigen Jahren nicht mehr genau beantworten. Warum genau das so ist, wird am nachfolgenden Beispiel klar.
Der Einfachheit halber gehen wir hier mal nur von 3 Fassreihen aus. In der Praxis können es auch durchaus mal 6 oder sogar noch mehr Reihen sein. Angenommen die unterste Reihe liegt nun schon 2 Jahre dort und die darüber 1 Jahr. Damit ergäbe sich folgende
Konstellation an Rum:
Mittlere Reihe: 3/3 Anteil 1 Jahr alt
Unterste Reihe: 3/3 Anteil 2 Jahre alt
Aus der untersten Fassreihe wurde also ca. 1/3 Rum entnommen. Dieser wird nun als 2 Jähriger Single Barrel oder ggf. Blend verkauft. Da die Solera gerade erst begonnen wurde, enthält das unterste Fass tatsächlich ja noch ausschließlich Rum, welcher 2 Jahre gereift ist. Die erste Abfüllung wäre also theoretisch noch kein Solera Rum.
Nun möchte der Hersteller aber nächstes Jahr wieder die gleiche Menge an Rum verkaufen wie in diesem Jahr. Und das am besten auch noch etwas teurer. Nichts leichter als das, denn nun kommt der Grund, warum das Solera System für die Hersteller so lukrativ ist.
Nachdem im ersten Jahr nun aus der untersten Reihe ca. 1/3 des Inhalts entnommen wurde, wird die unterste Fassreihe direkt danach mit dem Rum der mittleren Fassreihe aufgefüllt und diese dann wiederrum mit ca. 1/3 der obersten Fassreihe. Das Ganze wird so lange wiederholt, bis die oberste Fassreihe leer ist. Wird jedes Jahr 1x aus der untersten Reihe Rum abgefüllt, würde also rein rechnerisch die oberste Reihe alle 3 Jahre mit neuem Destillat aufgefüllt. Nach einem Jahr würde sich also folgendes Bild
ergeben:
Oberste Reihe: 2/3 Anteil 1 Jahr alt
Mittlere Reihe: 1/3 Anteil 1 Jahr alt und 2/3 Anteil 2 Jahre alt
Unterste Reihe: 1/3 Anteil 2 Jahre alt und 2/3 Anteil 3 Jahre alt
Man sieht also, der Anteil des ältesten Rum ist bereits nach einem Abfülldurchgang auf ca. 2/3 Anteil geschrumpft.
Soweit so gut. Bisher ist an dem System ja grundlegend nichts Verwerfliches zu finden. Nun kommt aber das „Problem“ an der Sache. Der Rum (Blend) welcher nach dem Beispiel oben nur noch zu ca. 2/3 aus 3 Jahre lang gereiftem Rum besteht, darf und wird trotzdem als 3 Jähriger Rum angeboten. Der Verbraucher glaubt also einen Rum gekauft zu haben, welcher 3 Jahre gereift ist. In Wirklichkeit hat er aber einen Rum gekauft, von dem nur ein Teil 3 Jahre gereift ist. Der andere Teil ist lediglich 2 Jahre gereift.
Möglich wird das durch die fehlende Reglementierung der Altersdeklaration bei Rum. Denn auf der Flasche angegeben werden darf das Alter des ältesten enthaltenen Destillats aus der Solera. Bei Whisky beispielsweise findet das Solera Verfahren auch Anwendung, dort allerdings muss die Altersangabe dem jüngsten enthaltenen Destillat entsprechen. Das ist in meinen Augen deutlich verbraucherfreundlicher und gleichzeitig auch ehrlicher, denn das älteste Destillat wird logischerweise im Solera System immer weniger Anteil haben, je länger die Solera existiert.
Das obige Beispiel diente nämlich nur zur Verdeutlichung des Prinzips. Denn wäre die Abgrenzung der verschiedenen Jahrgänge im Fass so klar, wie oben dargestellt, wäre ja sogar eine relativ genaue Altersangabe möglich. Die verschiedenen Rums werden sich im Fass aber natürlich vermischen. Korrekter wäre deshalb eigentlich folgende Angabe:
Start:
Oberste Reihe: 0 Jahre
Mittlere Reihe: 1 Jahr
Unterste Reihe: 2 Jahre
Vorausgesetzt jedes Jahr findet eine Abfüllung statt, dann:
Nach einem Jahr:
Oberste Reihe: 2/3 1 Jahr alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 1-2 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 2-3 Jahre altem Rum
2. Jahr:
Oberste Reihe: 1/3 2 Jahre alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 2-3 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 2-4 Jahre altem Rum
3. Jahr:
Oberste Reihe: 3/3 0 Jahre alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 3-4 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 3-5 Jahre altem Rum
Jahre 4-10
Oberste Reihe: 2/3 1 Jahr alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 1-5 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 4-6 Jahre altem Rum
5. Jahr:
Oberste Reihe: 1/3 2 Jahre alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 2-6 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 2-7 Jahre altem Rum
6. Jahr:
Oberste Reihe: 3/3 0 Jahre alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 3-7 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 3-8 Jahre altem Rum
7. Jahr:
Oberste Reihe: 2/3 1 Jahr alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 1-8 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 4-9 Jahre altem Rum
8. Jahr:
Oberste Reihe: 1/3 2 Jahre alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 2-9 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 2-10 Jahre altem Rum
9. Jahr:
Oberste Reihe: 3/3 0 Jahre alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 3-10 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 3-11 Jahre altem Rum
10. Jahr:
Oberste Reihe: 2/3 1 Jahr alter Rum
Mittlere Reihe: Gemisch aus 1-11 Jahre altem Rum
Unterste Reihe: Gemisch aus 4-12 Jahre altem Rum
Usw…
Damit die Verwirrung komplett wird, ist das Solera System als solches auch wieder nicht einheitlich geregelt. Die obigen Angaben müssen also noch lange nicht auf jeden Hersteller zutreffen. Mögliche Variablen sind dabei:
- Anzahl Fassreihen: Zwischen 3 und “unendlich” ist theoretisch alles möglich. Begrenzt wird das im Prinzip nur durch die Wirtschaftlichkeit.
- Auffüllzyklus der obersten Reihe: Nicht immer wird gewartet, bis die oberste Fassreihe komplett leer ist. Oft wird direkt nach jedem Durchgang schon wieder mit frischem Destillat aufgefüllt, was automatisch für eine Verjüngung aller Fassreihen sorgt.
- Entnahmemenge: Es muss nicht zwingend ca. 1/3 der Solera entnommen und abgefüllt werden. Es kann auch nur 1/4 oder aber auch die Hälfte sein. Da können die Hersteller völlig frei entscheiden. Dementsprechend ändert sich natürlich auch das Verhältnis der Rumjahrgänge in allen Fassreihen.
Dadurch, dass man ja nie genau weiß wie viel Prozent welchen Jahrgangs nun in das Fass darunter Umgefüllt wurde, muss man zwangsweise davon ausgehen, dass es garantiert nicht 100% des ältesten Rums sein werden.
So ist es theoretisch denkbar, dass bei einem 30 Jährigen Solera Rum nur noch 1 Tropfen in diesem Rum auch wirklich 30 Jahre alt ist und der Rest unter Umständen deutlich jünger. Dennoch darf er dann als 30 Jahre alter Rum verkauft werden…
Nicht alle Hersteller geben aber zwingend das Alter des ältesten Destillats an. Oft werden “von – bis” Werte angegeben, manchmal findet man Durchschnittswerte wie beispielsweise auf den Dictador Rums, manchmal einfach nur eine Zahl ohne das Wort „Jahre“ dahinter (Flor de Cana, Zacapa) und manchmal findet man auch überhaupt keine Angaben zum Alter auf der Flasche wie zum Beispiel beim Unhiq XO.
Aus dem Solera System ergeben sich also einige Vorteile für die Spirituosenhersteller. Besonders natürlich für die Hersteller von Rum, durch die nicht vorhandene Regelung bezüglich der Altersdeklaration von Rum.
Nachfolgend eine kurze Pro und Contra Zusammenfassung des Solera Systems aus Sicht der Hersteller:
- Dadurch das die Fässer nie ganz geleert werden, wird der Geschmack homogenisiert und bleibt dadurch bei jeder Abfüllung nahezu unverändert. Kleinere Abweichungen können durch nachträgliches Blending korrigiert werden.
- Die Hersteller können jedes Jahr “lange gereiften” Rum abfüllen, ohne wieder viele Jahre warten zu müssen. Füllt man ein komplettes Fass mit 10 Jahre gereiftem Rum in Flaschen ab, müsste man danach ja theoretisch ein neues Fass 10 Jahre reifen lassen. Beim Solera System entfällt das Warten nach einer einmaligen Anfangsperiode.
- Durch die Angleichung des Geschmacks durch den verbleibenden Rum, können auch schlechtere Chargen kaschiert werden, da der Geschmack eines einzelnen Destillats in der Solera untergeht. Das Absatzrisiko lässt sich also minimieren.
Contra:
- Der letztgenannte Punkt mit dem Kaschieren einer schlechten Charge kann auch ein extremer Negativpunkt sein. Denn ein Rum kann umgekehrt auch die komplette Solera zerstören und damit sehr viel Geld und Wartezeit auf einen Schlag vernichten. Beispielsweise ein Mikrobenbefall eines Fasses oder sonstige Verunreinigungen schlagen sofort auf alle Anderen durch.
- Egal ob die Fässer nun klassisch übereinander gestapelt werden oder in verschiedenen Hallen lagern. Ein Solera System braucht viel Platz.
- Eine Solera ist teuer, denn es werden sehr viele große Fässer mit ca. 520l / Fass oder mehr benötigt. Eine Solera mit kleinen oder wenigen großen Fässern aufzubauen lohnt sich kaum, weil ja eben nur ein Teil der untersten Fassreihe für den Verkauf abgefüllt wird. Damit das dennoch genug Rum hergibt, müssen die Fässer entsprechend zahlreich, groß und damit teuer sein.
- Ein Solera System wirft nicht sofort nach dem Aufsetzen Gewinn ab. Die anfängliche Lagerzeit bis die unterste Reihe ein entsprechendes Alter erreicht hat, muss überbrückt werden.
- Es braucht eine gute Selbstkontrolle. Entnimmt man in einem Jahr zu viel Rum aus der Solera, weil man vllt. mehr verkaufen muss oder möchte, muss man sehr viel von frischem Destillat nachfüllen. Das wiederrum macht das Alterspotential der ganzen Solera unter Umständen kaputt. Zu viel jungen Rum wird man nämlich irgendwann rausschmecken, weil einfach nicht mehr genügend alter Rum da ist, um den Geschmack anzugleichen. Dann würde selbst eine 30 Jahre alte Solera überwiegend nach jungem, kaum gelagerten Rum schmecken.
- Die Vereinheitlichung des Geschmacks der Solera ist Fluch und Segen zugleich. Hat man eine Marke etabliert und möchte den Kunden immer einen gleichbleibenden Geschmack anbieten ist es ein Segen. Möchte man allerdings, aus welchem Grund auch immer, eine Veränderung des Geschmacks herbeiführen, gestaltet sich das in einer Solera nicht so einfach, da es viele Jahre braucht, bis diese Veränderung auch beim abgefüllten Rum ankommt.
Und da die meisten Hersteller ja nicht nur einen einzigen Rum anbieten, brauchen sie entweder mehrere Soleras, müssen manche Sorten anders Produzieren, oder müssen den Rum nachträglich verändern. Wofür auch immer man sich entscheidet, es entstehen wieder zusätzliche Kosten.
Zwar ist der Aufbau einer Solera erst einmal teuer, raum- und zeitintensiv und deswegen sowieso nur für größere Hersteller geeignet, wenn das System aber einmal läuft ist es extrem lukrativ und rentiert sich schnell. Jedes Jahr die gleiche Menge an “altem” Rum verkaufen zu können und theoretisch auch jedes Jahr die Jahresangabe um 1 erhöhen zu können und somit auch den Preis zu steigern, ist einfach unschlagbar.
Deswegen findet man heute auf dem Markt zum überwiegenden Teil Solera Rums.
Zusammenfassung
Entscheidende Geschmacksfaktoren sind neben dem verwendeten Rohstoff also auch dessen Anbauregion, verwendete Hefe, Dauer der Gärung, das Destillationsverfahren, Zeitpunkt der Abtrennung von Vor- und Nachlauf, Länge der Lagerung, Klima, verwendete Fässer und die anschließende Veredelung.
Sollten all diese Stellschrauben dann noch nicht zum gewünschten Geschmack führen, oder die Lagerung zu lange dauern, greifen viele, besonders größere Hersteller, zu Zucker und anderen Stoffen.
Es gibt für Rum also keine einheitliche Deklarationspflicht was das Alter angeht. Das sieht man auch deutlich beispielsweise am Zacapa 23 Sistema Solera*. Wenn Industrias Licoreras de Guatemala (Brennerei Zacapa) nicht gerade mehrere unterschiedliche Soleras hat, dann kann es eigentlich nicht sein, dass der älteste Teil im Zacapa Jahr für Jahr 23 Jahre alt ist. Auch im Solera Verfahren müsste der älteste Teil jedes Jahr ein Jahr älter werden. Da hat man sich aber wohl aufgrund des bekannten Namens und dessen gutem Image dafür entschieden auch weiterhin bei der Angabe 23 zu bleiben.
Für den Verbraucher bleibt damit eigentlich nur das Vertrauen in den Hersteller. Sicher sein kann man nicht, dass der Rum in der Flasche wirklich auch so lange gelagert wurde, wie angegeben. Bei den meisten kleineren Destillerien dürfte die Altersangabe noch einigermaßen zuverlässig sein, aber spätestens wenn das Solera System zum Einsatz kommt oder generell eher auf Masse produziert wird, sind es im besten Fall noch Durchschnittswerte.
Letztlich entscheidet wie immer der persönliche Geschmack darüber, für welchen Rum man bereit ist Geld auszugeben. Besonders aber was den Kauf unbekannter Rums angeht, sollte man sich also vorher gut überlegen, ob man bereit ist einen höheren Preis zu zahlen, nur weil vielleicht ein höheres Alter auf der Flasche angegeben ist.
Insgesamt gestaltet sich das Bild bei der Altersangabe von Rum also ähnlich wie bei der Deklaration von Inhaltsstoffen. Darauf verlassen kann man sich in beiden Fällen leider nicht.